Maximilian von Heyden
Henrik Jungaberle
Tomislav Majić Hrsg.
Pharmakologisches Neuroenhancement
Larissa Maier
Im vergangenen Jahrzehnt wurde sowohl in der wissenschaftlichen und bioethischen Literatur als auch in Medien und Politik vermehrt über Pharmakologisches Neuro-Enhancement (PNE) als Instrument zur kognitiven Leistungssteigerung diskutiert. Unter diesem Begriff werden der nicht medizinisch indizierte Konsum von verschreibungspflichtigen Medikamenten und der Konsum von Alkohol oder anderen psychoaktiven Substanzen mit dem Ziel der Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit oder Stimmung in Schule, Studium oder am Arbeitsplatz subsumiert. Die spezifische Konsummotivation ist ausschlaggebend für die Definition von PNE, unabhängig davon, ob die beabsichtigte Wirkung eintritt oder nicht. Methylphenidat, Modafinil sowie verschreibungspflichtige und illegale Stimulanzien bilden den Mittelpunkt der Debatte rund um PNE. Allerdings können auch sedierende Substanzen indirekt einen positiven Einfluss auf die Kognition entfalten, wenn sie die Nervosität reduzieren oder Entspannung fördern. Deshalb sollten Substanzen wie Alkohol, Cannabis oder Schlaf- und Beruhigungsmittel ebenfalls als potenzielle Enhancerdiskutiert werden. Während die meisten Menschen bereits frei erhältliche Substanzen wie Koffein, sogenannte Soft-Enhancer, zur Leistungssteigerung im Studien- oder Arbeitskontext eingesetzt haben, fällt die Prävalenz des PNE im engeren Sinne deutlich geringer aus. Die nicht-medizinische Verwendung von verschreibungspflichtigen Medikamenten und Konsum illegaler psychoaktiver Substanzen zur Leistungssteigerung sind an große Bedenken hinsichtlich medizinischer Sicherheit, sozialer Gleichstellung und Fairness gekoppelt. Zurzeit existiert noch kein nebenwirkungsfreies Medikament, das zuverlässig eine Leistungsverbesserung über alle kognitiven Domänen hinweg herbeiführen könnte. Oftmals wird vergessen, dass die Wirkung der gegenwärtig als Neuro-Enhancer diskutierten Substanzen individuell stark variiert, und dass nicht alle Menschen gleichsam gewillt sind, ihre kognitive Leistung mithilfe von Substanzen zu verbessern. Diese Umstände und spezifische Persönlichkeitsmerkmale von Personen mit regelmäßigem PNE-Konsum lassen eine Zunahme solcher Praktiken in naher Zukunft, selbst in Bereichen mit hohem Leistungsdruck und Notwendigkeit der Selbstoptimierung, als nur wenig wahrscheinlich erscheinen.
Larissa Jasmine Maier
Dr.
Dr. Larissa J. Maier absolvierte an der Universität Zürich ihren Bachelor und Master in Psychologie mit Schwerpunkt Klinische und Gesundheitspsychologie und mit grossem Nebenfach Rechtswissenschaften. Den Sommer 2011 verbrachte sie in Berlin mit einem Praktikum am Institut für Forensische Psychiatrie der Charité Berlin. Im Jahr 2012 hat sie ihre Masterarbeit zum Thema „Partydrogenprävention in der Stadt Zürich – vertiefte Analyse und Vergleich verschiedener Datenquellen“ am Lehrstuhl für Psychopathologie und Klinische Intervention der Universität Zürich abgeschlossen.
Seit August 2012 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung (ISGF). Im September 2014 machte sie einen Forschungsaufenthalt am King’s College in London am National Addiction Center. Im März 2015 hat sie ihre Dissertation mit dem Titel „Prevalence of phamacological neuroenhancement in Switzerland and its associations with personality and mental health“ erfolgreich verteidigt und wurde dafür mit dem Prädikat Summa Cum Laude ausgezeichnet. In ihrer Forschung interessiert sie sich für die Funktionalität des Konsums von psychoaktiven Substanzen und die Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit der Konsumierenden über die Lebensspanne.
DOI: 10.1007/978-3-642-55214-4_5-1
Online ISBN: 978-3-642-55214-4